Josephsthal
Ein neuer Ort entsteht
Nach dem Ende der Eisenindustrie und der Hammerwerke in der Umgebung entstand ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Glasindustrie, deren Werke ebenfalls mit der Antriebskraft von Wasser arbeiteten. Die Glasschleife und -poliere Josephsthal ist nicht wie viele andere Glasschleifen in der Region aus einem mittelalterlichen Eisenverarbeitungsbetrieb umgewandelt worden, sondern wurde Ende des 19. Jahr-hunderts neu gegründet. Die Lage an der Haidenaab, von der ein Wassergraben abgezweigt wurde, sollte die Energieversorgung mit Wasserkraft hinreichend sichern.
Ein Pfarrer als Namensgeber
Im Jahr 1886 erbaute Bischöflicher Geistlicher Rat und Pfarrer Joseph Söllner von Rottenburg/Niederbayern das Glasschleif- und Polierwerk. Die Glasindustrie stand damals in Blüte und das Werk versprach eine lohnende Investition. Auf Wunsch des Pfarrers wurde der Ortsname Josephsthal – gemäß seines Vornamens und der Lage im Tal der Haidenaab – genehmigt. Früher gehörte der Betrieb zur Gemeinde Gmünd, seit der Eingemeindung von 1972 ist Josephsthal ein Ortsteil von Grafenwöhr.
Schleifen und polieren
Das Werk bestand aus zwei einstöckigen, langgestreckten Gebäuden. Zum Einen der Wohnung des Poliermeisters und dem Schleiferhaus (Josephsthal 2) mit 16 Schleifständen, eingerichtet für vier Schleifmeister. Zum anderen aus dem Polierwerk (Josephsthal 1) mit 100 Schleifständen. Baumeister des Anwesens waren Maurermeister Reiter und der Werke-Techniker Reithmann, beide von Pressath. Die Baukosten beliefen sich auf 72.000 Mark. Die Glas-Facharbeiter kamen aus Böhmen. Nach mehreren Jahren wurde das Werk für 30.000 Mark an die Söhne Prößl in Weiden verkauft.
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts war die Blütezeit der Glasschleifen vorbei, der Antrieb der Maschinen durch Wasserkraft war technisch veraltet und der Betrieb wurde 1927 geschlossen.
Zehn Jahre lag das Werk brach und der Verfall setzte langsam ein, doch 1937 kaufte es Dr. Kerschbaum aus Bamberg. Er ließ das Werk sanieren und ein Wasserrad zur Stromerzeugung einbauen.
Freizeit statt schwerer Arbeit
1946 kaufte Hans Deyerling das Anwesen mit Nebengebäuden und richtete eine Bau- und Kleinmöbelschreinerei in der ehemaligen Schleiferei ein. Seine Frau Grete bewirtschaftete im selben Gebäude ein Gasthaus und bewirtete im idyllischen Biergarten vor dem Haus Ausflugsgäste, die es damals schon gab. Denn die Haidenaab wurde nördlich von Josephsthal angestaut und Badekabinen luden zum Abkühlen im Fluss ein.
1954 übernahm Familie Witt das Anwesen mit Lokal. Die ehemalige Poliere wurde abgerissen und an gleicher Stelle ein Wohnhaus erbaut. Das Lokal wurde verpachtet und war weiterhin beliebter Treffpunkt. Wolfgang Witt sen. ließ erstmals eine Turbine in den Wasserlauf zwischen den Gebäuden einbauen und baute sich hierfür den Transformator für die Leitung von Pechhof selbst. Beim Bau stürzte er schwer vom Turm und als Dank zur Genesung ließ er neben dem Transformator ein großes Holzkreuz errichten. Mithilfe einer Turbine wird die Wasserkraft noch heute zur Energiegewinnung genutzt.
Anfang der 70er Jahre wurde der vordere Teil der Schleife abgebrochen und ein Wohnhaus in gleicher Form wieder angebaut. Das Lokal befindet sich noch immer in den alten Sandsteinmauern des einstigen Schleifergebäudes. Bis heute ist Josephsthal mit seinem Gasthaus, dem Biergarten, einem Spielplatz und einem Wildgehege ein beliebter Ausflugsort.
Naturparadies
Durch den Kiesabbau nach dem Zweiten Weltkrieg ist im Umfeld eine große Weiherlandschaft entstanden, die zum Fischen genutzt wird. Weiter sind bis 2018 in unmittelbarer Nähe nordwestlich von Josephsthal durch Nassausbeutung drei Baggerseen entstanden, die auch ökologisch wertvoll sind. Die rund 80 ha werden von Ausflüglern gerne für Freizeit und Erholung in der Natur genutzt.
Postkarte von Josephsthal
© Archiv Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr