Stadtmühle
Am Eingang zur Stadt
Die Stadtmühle am Thumbach, direkt neben dem einstigen Unteren Tor am Eingang zur Altstadt gelegen, prägte über Jahrhunderte das Stadtbild. Nach der Felsmühle ist sie die älteste bekannte Mühle im einstigen Pflegamt Grafenwöhr und war diesem auch unterstellt. Eine Erwähnung eines Mühlbriefs von 1512 zeugt erstmals von der Getreidemühle. Naheliegend ist, dass sie so alt ist wie die Stadt selbst.
Gute Lage am Weiherdamm
Die Mühle wurde an einer strategisch wichtigen Stelle erbaut, um die Wasserkraft optimal auszunutzen. Bei der Stadtgründung im 14. Jahrhundert wurden zum Schutz der Neuansiedlung die beiden Flussläufe Creußen und Thumbach angestaut, so dass die Stadt auf einer künstlichen Halbinsel lag. Aus dem Thumbach wurde der Stadtweiher, der durch einen angelegten Weiherdamm vom Felsweiher, der aufgestauten Creußen, getrennt war. Genau an diesem Gefälle am Weiherdamm hatte die Stadtmühle ihr Mühlrad und verfügte somit über enorme Wasserkraft. Der Müller war bei Hochwasser dafür zuständig das Wehr zu öffnen, damit das Wasser nicht in die Stadt lief. 1595 berichtet der Pfleger von Grafenwöhr, dass ein großes mächtiges Schneewasser am „Amtsweiher neben dem Tor“ Gerinne, Radstube und das ganze Wehr weggerissen habe.
Eine alteingesessene Müllersfamilie
Der erste überlieferte Müller von 1530 ist Bastel Schutter. Müller waren früher angesehene und wohlhabende Leute. Deshalb verwundert es nicht, dass mit Johann Conrad Schmälzl 1774 auch ein Bürger-meister unter den Stadtmüllern zu verzeichnen ist. Ihm folgte die Familie Speckner, die durch Heirat bis heute in der Stadtmühle wohnt. Von Georg Meyer ging die Mühle an seinen Schwiegersohn Josef Götz. Ende des 19. Jahrhunderts vermählte sich dessen Tochter mit dem Müllerssohn Wolfgang Speckner von der Schaumbachmühle. Aus dieser Ehe ging der letzte Stadtmüller Willi Speckner hervor, der bis 1977 Mehl mahlte.
In die Luft gesprengt
Bis 1934 gab es die wuchtige hochgewölbte Radstube mit dem 5 m hohen Mühlrad, das schließlich durch eine moderne Turbine ersetzt wurde. Im April 1945 befreiten amerikanische Truppen Grafenwöhr und beabsichtigten zum Truppenübungsplatz weiterzuziehen. Da die großen Fahrzeuge nicht durch das Untere Tor passten, sprengten sie es kurzerhand in die Luft. Die unmittelbar benachbarte Mühle wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, nur die Turbine selbst blieb unbeschädigt.
Stadtmühlbrot
Familie Speckner machte sich an den Wiederaufbau und so wurde noch bis 1977 in gewohnter Weise Roggen und Weizen zu Mehl gemahlen. Nach über 450 Jahren Dienst stellte die alte Stadtmühle schließlich ihren Dienst ein, der letzte Stadtmüller Willi Speckner starb ein Jahr später. In der Mühle ging weiterhin Kundschaft ein und aus. 1953/54 war von Familie Speckner eine Schwarzbrotbäckerei eingerichtet worden, die bis 2018 betrieben wurde. Um weiterhin in den Genuss der beliebten Holzofenbrote und Zwiebelkuchen zu kommen, gründete sich 2019 der Brot– und Backverein, dessen Ehrenamtliche einmal im Monat backen und so die Tradition der alten Mühle am Leben erhalten.
Stadtmühle und Unteres Tor um 1930
© Archiv Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr